wie ich um ein haar rektor geworden wäre

"dem lutz sein meinung", omni nr.6, juli 2002


 

Um ein Haar wäre ich Rektor der Uni Karlsruhe geworden. Das war ganz knapp. Es war wieder so ein Tag, an dem die ganze Zeit das Telefon klingelt. Erst die Freundin (Du hast dich schon seit gestern nicht mehr gemeldet!), dann die Mutter (Du hast dich schon seit Weihnachten nicht mehr gemeldet!), dann das Institut, bei dem ich Studienarbeit mache (Du hast dich schon seit 6 Semestern nicht mehr gemeldet!) - alles dasselbe überflüssige Blabla. Und mittendrin der Anruf aus dem Rektorat: Hi Lutz, hier ist der Sigi. Ich habe ein Problem, ich trete als Rektor zurück und werde Astronaut.

Ja, Astronaut wars, glaube ich, oder Cowboy. Irgendsowas. Auf jeden Fall hat der Sigi schlecht geträumt, dass ein Chemiker Rektor würde, und er sucht jetzt schnell jemand normales. Ich soll doch bitte schnell an die Uni kommen und den Arbeitsvertrag unterschreiben, der Kevin habe mich empfohlen. Ich wäre ja auch sofort los gefahren, wenn ich vorher nicht schon den Rudi auf dem Anrufbeantworter gehabt hätte: Ich soll doch mal zurückrufen, der Nowotny wär umgeknickt, und der Franz hätte ihn angerufen und gesagt, der Paul und der Günther wären beide der Meinung, er solle mich mit nach Japan nehmen, für die linke Seite.

Also sag ich dem Sigi, dass ich mich später melde, und rufe den Rudi an. Und während der mir dann knallhart eröffnet, tät ihm ja leid, aber er würde doch den Böhme zur WM mitnehmen, weil bei mir immer besetzt wäre, also während der Rudi sich windet, ist der Edmund auf der andern Leitung und sagt, ich solle in sein Kompetenzteam kommen, die Angela würde sich das wünschen. Ich soll Superminister für Kaltgetränke und Computerspiele werden, der Schäuble könne das nicht machen, wegen den Fußpedalen bei den Autorennspielen. Edmund, sag ich, geht nicht, ich muss Rektor werden, um die Uni vor den Chemikern zu schützen, aber der Edmund legt nochmal nach: Dann solle ich halt noch den Bildungssektor dazu übernehmen, da hätte er eh nur ne Frau bislang, und das sei ja unschön. Das habe ich dann eingesehen und dem Sigi abgesagt. Und keine zwei Stunden später läuft dieser Counterstrike-Spieler in Erfurt mit ner Knarre in die Schule und der Edmund streicht die Computerspiele aus dem Kompetenzteam und mich gleich dazu. Keine Regierung, kein Rektorat, keine WM. So schnell kanns gehen.

Immerhin habe ich mittlerweile mal meine Mutter angerufen. Die meint, das wäre alles ganz gut so, wäre eh ein bisschen viel geworden, wenn ich demnächst die Moderation von "Wetten, dass..." übernehme. Man soll sich ja auch nicht zuviel zumuten ...

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(c) lutz frommberger, juli 2002

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