Immer wieder kommen Leute zu mir, wollen ein Hanuta und meinen, ich
sollte doch mal über was Nettes schreiben. Deshalb widme ich mich heute
einer der tollsten Errungenschaften des Karlsruher Stadtlebens: dem
Glühweinmarkt.
Auf dem Glühweinmarkt wird kontrolliert Alkohol an die Bevölkerung
abgegeben, und die Bevölkerung muss das trinken. Ich geh da
pflichtbewusst jetzt auch jeden Tag hin. Die Leute da sind alle sehr
nett und werden nur dann ausfällig, wenn man sie anrempelt. Oder
ansieht. Oder rumsteht. Am liebsten mag ich die Frauen mit den
Astronautenjacken, den halben Autoreifen unter den Füßen und den
KSC-Kappenträgern an der Hand, die gehen immer so drollig.
Apropos drollig: Was ich nicht verstehe, ist, warum nicht alle Häuschen
Glühwein verkaufen. Ich habe mir den andern Kram, der da feilgeboten
wird, mal angesehen, konnte aber nicht einsehen, warum ich mir drei
Schnüre mit eingearbeitetem Holzkegel kaufen soll. Oder Bröselwurzeltee
aus Niederländisch-Antillen. Der größte Blödsinn aber: ein Tontöpfchen
mit der Aufschrift "Senf", in dem noch nicht mal Senf drin war, dafür
so kleine gelbe Kügelchen. Dabei gibts Senf doch sowieso immer in
Gläsern.
Einmal habe ich zuviel Gühwein getrunken und mir im Suff von einem
blonden Mädchen in einem braunen Häuschen so ein Ding aus Balsaholz
aufschwätzen lassen, mit dem die Gumbo-Indianer Nüsse knacken. Oder
Wäsche waschen, ich weiß es nicht mehr, ich habe das Teil eh direkt
beim Karussellfahren verloren. Aber der Erlös war für irgendwas
Soziales, ich glaube "Ärzte machen Atomkrieg" oder so.
Beim Karussell muss man spät kommen, dann sind die ganzen Kinder
nämlich schon betrunken und wollen nicht mehr. Die stören das Erlebnis
enorm, weil die natürlich noch nicht so professionell sind. Ich fahre
am liebsten mit dem Postauto. Gestern habe ich mir mal ein paar Briefe
mitgenommen, damit es authentischer wird. Und morgen wage ich mich mal
in die Rakete. Wenn ich meinen Helm finde.
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