alles arial

"castor-transport", usta-magazin 01/99, mai 1999

meine erste kolumne. ein schnellschuss, der sich nicht entscheiden konnte, ob er lieber editorial oder kolumne sein wollte.


 

Manchmal gibt es auch gute Nachrichten: Da verkündet uns die Uni, dass selbige jetzt modern sei - nach all den 175 Jahren - und deshalb jetzt alle Veröffentlichungen in der beliebten Schriftart Arial geschrieben werden sollen.

Corporate Identity nennt sich sowas, wenn alles, was man produziert, gleich aussieht. Das ist das, was wir alle mit den Jeans machen: wenn eine mal passt, kauft man bis an sein Lebensende dieselbe, damit man nie mehr anders ausschaut und nie wieder was Neues suchen muss. Sozusagen im Sinne des Wiedererkennungswerts, und da bietet sich Arial ja an. Jeder, der mal eine Windows-Textverarbeitung gestartet hat, erkennt die wieder und erinnert sich an den Aufwand, diese Schriftart möglichst schnell wieder vom Bildschirm zu verbannen.

Von der Effizienzsteigerung mal ganz zu schweigen, jetzt muss man ja beim Schriftartauswählen nicht mehr runterscrollen, sondern kann immer die erste nehmen. Es sei denn, man hat Aardvark installiert, das ist die Schrift, die aussieht wie quadratischer Fliegenschiss, aber eigentlich sieht Arial ja auch so aus, nur ohne Serifen und nicht quadratisch.

Der Paluckeplatz ist ja jetzt auch irgendwie serifenfrei, und in der Mensa kann ich serifenfreies Essen wählen, mein Favorit bislang: 4 Ranieri-Eis mit Spargelcrèmesuppe, kostet nur dreifuffzig und ist also wirklich billiger als vorher und sicher kein Deut zuviel an Essen. Oder der Bringer vom letzten Freitag, SchniPoSa im Wahlmenü für viervierzig. Und unten für dreineunzig. Und Kaffee für einssiebzig. Einssiebzig spart man sicher auch an Druckerschwärze pro Monat, wenn man alle Serifen weglässt, Sparen ist ja auch modern.

Also anscheinend doch auf der Höhe der Zeit, Zeit ist es auch einzuschreiten gegen den Schriftenwahn und Zeit ist es auch, fertigzuwerden mit dem ersten UStA-Magazin des Arial-Zeitalters.

.

(c) Lutz Frommberger, mai 1999

schreibt...

heim...